Ergotherapie

 

                                

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Ergotherapie –

 

der ganzheitliche Ansatz in der  Frühchentherapie

 

Wer stellt sich nicht irgendwann einmal die Frage: „Was ist das Leben?“

Eine Frage ohne Antwort. Fragen wir doch viel einfacher:  „Wann und wo beginnt das Leben?“ so antworten wir spontan: „Das Leben beginnt bei der Geburt.“

Das klingt einleuchtend, aber...  Vielmehr wissen wir heute. Dass das Kind im Mutterleib schon vieles empfindet und wahrnimmt.

So kann keiner, der ernsthaft darüber nachgedacht hat, mehr behaupten, dass das Leben mit der Geburt beginnt.

Wie war das Leben im Mutterleib? War es nicht erfüllt von Lauten und Geräuschen vom Körper der Mutter und der Außenwelt? Vor allem aber war es Bewegung.

Beständige Bewegung. Wenn die Mutter sitzt, wenn sie läuft, steht sich wendet:

Bewegung, Bewegung, Bewegung.

Angenehm und beruhigend für das kleine Wesen in ihr. Manchmal ist die Mutter still, sie sitzt oder liegt, doch selbst wenn sie schläft, bleibt ihr stetes, sicheres Atmen und wiegt den kleinen Reisenden in ihr, sanft und beständig.

Hast Du dir schon überlegt, wie sehr unsere fünf Sinne zusammengehören?

Sind sie nicht alle Erweiterung der Haut? Sind sie nicht gleichsam Fühler des Gehirns, die die äußere Welt erspüren und erforschen? Mit jeder Sinnesqualität öffnen sich neue Dimensionen, erweitert sich das Universum, weit und weiter.

Wir riechen noch, was längst nicht mehr in Reichweite unserer Hände ist.

Das Hören geht noch viel weiter.

Und das Sehen.... Wenn wir sehen, streicheln wir die Welt mit unseren Augen.

Aber alles beginnt mit der Berührung.

Die Sprache weiß mehr davon, als uns bewusst ist und erinnert uns daran.

Sagen wir nicht: „Ich möchte etwas begreifen“ oder auch „es berührt mich?“

Die Berührung ist die Wurzel. Und so sollten wir mit ihr auch umgehen.

Berührt, gestreichelt und massiert werden, das ist die Nahrung für das Kind.

                                                            (Auszug aus Frédérick Leboyer „Sanfte Hände“)

 

Diese Sätze wurden von mir ausgewählt, da sie genau den Ansatz einer ergotherapeutischen Behandlung im Bereich Frühgeborener beschreibt. Das Ziel jeder Therapie ist es, dem Kind die größtmöglichste Selbständigkeit im täglichen Leben zu ermöglichen. Dies kann nur erreicht werden wenn Defizite in den basalen Wahrnehmungsbereichen aufgearbeitet werden, d. h. in der Therapie müssen gezielte Reize eingesetzt werden, um dem Kind die Reizaufnahme, Weiterleitung und Verarbeitung im Gehirn zu ermöglichen, um eine sinnvolle Antwort auf den erhaltenen Reiz geben zu können. Diese Antwort wird immer eine motorische Reaktion sein, egal ob ich mich kratze weil es mich juckt oder ich eine Antwort auf eine Frage gebe oder ich jemand anlächle, alles hat mit Bewegung zu tun.

Schon in der 8.Lebenswoche beginnt der Fötus sich zu bewegen. Lange Zeit sind es primitive Reflexe in Armen und Beinen, aber vom 5. Monat an werden seine Bewegungen bewusster und koordinierter. Das ist ein Zeichen dafür, dass sich die Nervenbahnen miteinander verbinden. Das Kind greift, streckt und dreht sich. Das ist nötig für das Wachstum der Muskeln und des Skeletts um die Motorik zu entwickeln.

Bis zum 7. Schwangerschaftsmonat ist genügend Platz, so dass das Kind sich bewegen und sogar einen Salto schlagen kann.

Die Koordination von Bewegung und die adäquate Reaktion auf einen Reiz setzt voraus, das eine optimale Verknüpfung der einzelnen Gehirnabschnitte und der Nervenbahnen besteht. Dies beginnt während der Schwangerschaft und ist bei der Geburt noch nicht abgeschlossen. Auch in der Neugeborenen- und frühkindlichen Phase setzt sich diese Entwicklung unter dem Einfluss verschiedener Faktoren fort. An erster Stelle steht der genetische Bauplan, aber auch von Beginn an modulieren Ernährung, chemische und physikalische Einflüsse ebenso unterschiedliche Erfahrungen mit äußeren Reizen und psychosoziale Lebensumstände die weitere Entwicklung.

Frühgeborene Kinder sind vielerlei Risiken ausgesetzt, diese können körperlicher Art, durch die Verletzlichkeit und Unreife der Organe, aber auch psychischer Art sein ,die durch die frühe Störung der Mutter-Kind-Aktion hervorgehen können.

Bei Messungen der peripheren Nervenleitgeschwindigkeit haben Frühgeborene im Vergleich zu reifen Neugeborenen deutlich langsamere Leitgeschwindigkeiten, als Hinweis darauf, dass das periphere Nervensystem noch nicht vollständig ausgereift ist. Was wiederum die Entwicklung der Muskulatur beeinflusst, der Anteil unreifer Muskelfaser ist bei der Geburt höher, was eine zusätzliche Störung der Motorik bei Frühgeborenen darstellt.

Bei Kindern, die vor der 30. Woche geboren werden sind Bewegungsmuster und Aktivierungszustand noch nicht koordiniert, das bedeutet z.B. einen gestörter Wach-Schlafrhythmus. Die fehlende Saug- und Schluckfähigkeit erschweren die Nahrungsaufnahme. Werden motorische Störungen in den ersten 3 Wochen beobachtet, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende des ersten Lebensjahres noch motorische Entwicklungsstörungen bestehen über 50%.  Durch den Entwicklungsrückstand sind Frühgeborene noch nicht auf Körperwahrnehmung und Reize vorbereitet wie gesunde Neugeborene. Aus diesem Grund sollte man nicht nach der Methode vorgehen „viel hilft viel“, sondern den Schwerpunkt der Ergotherapie auf ein Mini-Handling und ganz wichtig die Beratung der Eltern zu legen. Die Eltern sind z.B. durch abnorme Verhaltensweisen wie Inaktivität oder Übereregbarkeit verunsichert, hier ist es wichtig die Zusammenhänge zu erklären und dadurch den Eltern zu helfen die Signale ihres Kindes zu verstehen, den individuellen Tagesrhythmus des Kindes zu erlernen und zu respektieren.

Mut zu machen um eine psychische und physische Nähe zwischen Eltern und Kind herzustellen ist eine der wichtigsten ergotherapeutischen Aufgaben. Solche Hilfen sind ein wichtiger Beitrag zur Prävention von Interaktionsstörungen.

Eine weitere Aufgabe ist den Eltern konkrete Anweisungen im Umgang mit ihrem Kind zu geben. Die Griffe des Handlings entsprechen im Prinzip dem Umgang mit normal geborenen Säuglingen nach Bobath. Großflächigen Halt geben, langsame Bewegungen, über die Seite hochnehmen, Rotation des Schultergürtels in die Seitenlage drehen, in Beugehaltung tragen sind die Grundlagen dieses Konzeptes.

Zur Förderung der Körperwahrnehmung ist das Wiegen auf dem Arm und das Känguruhn besonders wichtig. Die Zeit vor der Geburt, mit der Enge der Gebärmutter und dadurch verbundene Halt und Geborgenheit, ist eine entscheidende Phase für die sensomotorische Entwicklung. Aus diesem Grund sollen diese Kinder mit Decken und Tücher fest eingewickelt werden. Ein weiterer Punkt ist die Babymassage, durch Druck auf die großen Gelenke, großflächige Massagen von Bauch, Brust, Rücken und Gesicht sind wegen einer evtl. Reizüberflutung zu vermeiden. Eine Stimulation der Körperwahrnehmung führt zu einer Steigerung von Aktivität und Aufmerksamkeit.

Da ein Frühchen z. T. Wochen oder Monate in einer stabilen Lage im Inkubator liegt und auch durch die verkürzte Schwangerschaft nicht genügend vestibuläre Reize bekommen hat, können in der späteren Entwicklung Mängel in der  Gleichgewichtsverarbeitung erkennbar sein, die sich bei Lageveränderungen zeigen, z.B. beim Hochnehmen fängst das Kind an zu weinen. Das Kind hat Angst vor Lagever- Änderungen und reagiert mit Abwehrverhalten, diese neuen unbekannten Reize erlebt es als Gefahr. Ihm fehlt die Rhythmik der Bewegung im Mutterleib. Hier ist es ganz wichtig, dass dieses Kind beim Aufnehmen großflächigen Halt bekommt und durch gezielte Reize im vestibulären Bereich diese Überempfindlichkeit langsam  abbauen kann.

Die ergotherapeutische Behandlung hat je nach Alter des Kindes andere Schwerpunkte, grundsätzlich ist aber, dass immer erst Defizite in den Grundwahrnehmungsbereichen (Gleichgewichts-/Schwerkraftempfinden, Körperwahrnehmung und Berührungsempfinden) aufgearbeitet werden müssen und die Behandlung anderer Defizite werden hier miteingebaut.

Bei einem Säugling steht in erster Linie die Beratung der Eltern im Vordergrund,

d.h. auch, dass es sich hier nicht um eine regelmäßige Therapie einmal pro Woche handelt, sondern hier muss eine individuelle Terminierung möglich sein. Zwischen den einzelnen Beratungsgesprächen muss genügend Zeit für die Umsetzung sein, aber genauso jederzeit die Möglichkeit bestehen bei Unsicherheiten beim Therapeuten Rückfragen zu können.

Bei Kindern ab 6 Monate kann eine gezielte Therapie auf den Grundlagen der Sensorischen Integration einsetzen. Hier ist es oftmals sinnvoll über einen Zeitraum von 1 bis 2 Monaten das Kind 2-3mal wöchentlich zu behandeln und danach eine Pause für das Umsetzen und Üben der erarbeiteten Fähigkeiten zu machen.

Bei älteren Kindern sollte die Therapie 1mal wöchentlich stattfinden, da meistens noch andere Fördermaßnahmen laufen und das Kind sonst überfordert werden könnte. Wichtig ist das eine Gleichmäßigkeit vom zeitlichen Rahmen eingehalten wird, so dass eine Struktur gegeben ist.

Jede ergotherapeutische Behandlung muss individuell auf das Kind zugeschnitten sein und muss die Eltern in die Behandlung miteinbeziehen. Wichtig ist, dass ein Frühgeborenes nicht einfach nur eine große Menge zusätzlicher therapeutischer Stimulation braucht, sondern auch Phasen aus eigener Initiative

auszuprobieren und seine bisherigen Fähigkeiten zu üben, um daraus Selbsterfahrung und Selbstvertrauen zu gewinnen.  Symptome eines nicht behandelten Wahrnehmungsdefizit sind sehr vielfältig. Auffälligkeiten in der Grob- und Feinmotorik, schaukelt nicht gern, Übelkeit beim Autofahren, lässt sich nicht anfassen, Angst vor neuen Situationen, hat keine Freunde bis hin zu Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, Legasthenie, Aggressivität kein Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Dies ist nur ein kleiner Auszug von vielen weiteren Symptomen, die als Ursache eine Wahrnehmungsstörung haben.

Grundsätzlich gilt, je früher eine Wahrnehmungsstörung erkannt und behandelt wird, um so kürzer ist die Therapie. Allerdings ist es für den Arzt oftmals nicht einfach die Notwendigkeit einer Ergotherapie zu diagnostizieren, da sich einige Symptome erst mit zunehmendem Alter zeigen.

Zum Schluss möchte ich Ihnen noch folgendes mit auf den Weg geben:

Kein Mensch ist 100%. Gott sei Dank. Auch im Zeitalter der Gentechnik hat jeder von uns seine Schwächen und Macken, das was die Individualität eines jeden Menschen ausmacht. Das sind auch keine Gründe eine Therapie zu beginnen.

Allerdings sollte man bei den folgenden Situationen hellhörig werden und falls einer davon auftritt dies mit seinem Kinderarzt zu besprechen und ihn um eine Abklärung zu bitten.

 

Das Kind kommt mit sich selbst nicht klar.

Das Kind kommt mit seinem Umfeld nicht zurecht.

Das Umfeld kommt mit dem Kind nicht mehr zurecht.

 

                                                                                                Gabriele König

                                                                                    Ergotherapeutin, SI-Therapeutin

http://www.praxis-ergotherapie.de